»Klarheit wie Sternenblitze«



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© Stanley Ciccone
»Es gibt auch eine Generalpause von 25 Sekunden, wo man denkt, was passiert heute im Saal? Halten die Leute das aus, diese Stille? Und ja, es funktioniert!«

2005 hat Tabea Zimmermann Monh von Georges Lentz uraufgeführt. Der Einfluss der australischen Wüste und des Nachthimmels, die schon andere Werke inspirierten, sind auch hier zentral. In einem Interview erklärt Zimmermann, warum sie dieses Werk so bewundert.

»Georges Lentz hat für mich ein ganz außergewöhnliches Bratschenkonzert geschrieben, wobei man es nicht Konzert nennen kann – er nennt es auch nicht so – es hat den Titel Monh, das ist in der Sprache der Aborigines der Himmel über der Wüste, und dieses Werk klingt auch tatsächlich so«, sagt Zimmermann.

»Die Uraufführung war bei der Eröffnung des Konzert­saals der Philharmonie in Luxemburg – sie haben es in Auftrag gegeben. Ich hatte vorher keinen Kontakt zum Komponisten, ich hatte seine Kammermusik angehört und dachte, sie ist extrem fein und reizt mich. Dann bekam ich die Partitur geschickt und las und dachte, das wird nie gehen. Weil es in der Solostimme zum Beispiel ein Pianissimo abwärts gibt, also ppp, unglaublich fein und leise, und ich dachte, wie soll das funktionieren. Ich habe dann festgestellt, es funktioniert durchaus.«

Das Werk dauert eine halbe Stunde, ist in einem Satz geschrieben: langsam und leise. »Es fasziniert und trägt in einer Weise, wie ich es selten erlebt habe«, erklärt Zimmermann ihre Begeisterung: »Vor allem trägt es durch die sparsamsten Gesten und besonderen Effekte – die aber doch nicht als Effekte wahrzunehmen sind, sondern mit tiefstem Ausdruck. Man hört tatsächlich diesen Himmel über der Wüste, diese Klarheit, wie Sternenblitze, und dann taucht die Bratsche, das Soloinstrument, wie ein menschlicher Faktor darin auf. Es gibt eine Auseinandersetzung zwischen diesem universalen Eindruck und dieser menschlichen Stimme, die am Schluss in choralartiges Spiel gipfelt, was mir beim Spielen jedes Mal fast die Tränen in die Augen treibt, weil es einen völlig abhebt. Es gibt auch eine Generalpause von 25 Sekunden, wo man denkt, was passiert heute im Saal? Halten die Leute das aus, diese Stille? Und ja, es funktioniert!«

Neben seiner besonderen Form zeichnet sich das Werk auch durch eine ungewohnte Benutzung der Instrumente aus. »Es gibt zum Beispiel zwei solistische Bratschen im ­Orchester, die die C-Saite um eine Oktave tiefer stimmen«, erklärt Zimmermann: »Die Klänge auf diesen lockeren tiefen C-Saiten sind so, dass man überhaupt nicht weiß, wo sie herkommen im Saal – ganz besondere Klänge.«